Erfahrung mit SimRod: Von Kopfsteinpflaster zu Lebensdauerprüfungen bei Fahrzeugen (Teil 4)

In meinem letzten Blog-Artikel habe ich erläutert, wie Sie mithilfe der Simcenter Testlab Neo Software auf einfache Weise kontrollieren können, ob die vorgegebenen Lebensdauerprüfungen auf dem Prüfgelände korrekt durchgeführt wurden. Durch die integrierten Verarbeitungsfunktionen von Simcenter Testlab Neo können Sie diese Ergebnisse in Bestqualität und innerhalb des geplanten Zeitrahmens erreichen.
Mit Simcenter Testlab Neo können Sie, wie ich Ihnen demonstriert habe, die Lastdaten noch detaillierter analysieren und dadurch das Langzeitverhalten des Fahrzeugs besser einschätzen. Die Berechnung relevanter Merkmale der Lebensdauer, beispielsweise des Schadenspotenzials, erfolgte anhand der Regenflusszählmethode und der entsprechenden S-N-Kurve. Durch die Berechnung von Bahnübergängen und Verweilzeit auf gleicher Höhe sowie die Darstellung eines PSD-Diagramms konnten wir unsere Erkenntnisse über die Fahrzeugleistung erweitern und den Frequenzgehalt der Beschleunigungskanäle analysieren.
Die „Pivot-Tabelle“ und „Vorschau“-Ansicht ermöglichten mir, mit wenigen Klicks einen vollständigen, aber kompakten Überblick über die Ergebnisse zu erhalten. Dank der „Aktiven Berichte“ konnte ich meinem Team aussagekräftige visuelle Berichte in Microsoft Word oder PowerPoint für verschiedene Kanäle und Durchläufe bereitstellen – was den Zeitaufwand für die Erstellung ansprechender Berichte erheblich reduzierte!
Doch damit sind die Verarbeitungsmöglichkeiten noch lange nicht erschöpft! Mit Simcenter Testlab können Sie mittels Dehnungsmessungen die Ermüdungslebensdauer Ihrer Komponenten berechnen oder auch langfristige Haltbarkeitsmessungen in verkürzte Prüfpläne für Ihre Prüfstands- oder Simulationstests umwandeln.
In diesem Blogbeitrag zeige ich Ihnen, wie ich meine Lebensdauerprüfungen durch die Erstellung eines Prüfplans aus Langzeitmessungen für Prüfstände beschleunigen kann.
Beschleunigte Lebensdauerprüfung zur Validierung der Betriebsfestigkeitsleistung
Es gibt 4 Möglichkeiten für eine schnellere Lebensdauerprüfung:
- Beschleunigung der Lebensdauerprüfung (durch Wiedergabe des identischen Zeitsignals in verkürzter Zeit)
- Erhöhung der Amplitude des angelegten Signals
- Auslassen (oder Entfernen) derjenigen Signalanteile, die keine wesentliche Beeinträchtigung verursachen
- Oder Vereinfachung der Prüfung (durch Umwandlung des Originalsignals in ein aus Sinuswellen bestehendes Einzelblock-Zyklusprogramm (oder ein Zyklusprogramm mit wenigen Blöcken))

Bei all diesen Methoden besteht das Grundprinzip natürlich darin, die Beeinträchtigung des ursprünglichen Signals oder Tests zu erhalten. Die Schadensinformation ist der zentrale Aspekt, der im neuen, beschleunigten Signal erhalten bleiben muss.
Die ersten beiden Methoden sind recht einfach anzuwenden und werden daher auch von vielen Kunden häufig eingesetzt. Da es jedoch Grenzen gibt, wie stark diese Methoden Ihr Signal beschleunigen können und wann deren Einsatz sicher ist, möchte ich die letzten beiden Methoden genauer betrachten.
Unbedenkliche Ereignisse bei Langzeitmessungen ausblenden
Eine der größten Herausforderungen bei der Verkürzung realer Langzeitmessungen zur Validierung der Betriebsfestigkeitsleistung ist es, die schädigenden Ereignisse beizubehalten und alle anderen Aspekte zu eliminieren.
Wie können Sie also unbedenkliche Ereignisse aus Ihrem Zeitsignal entfernen?
Zunächst ein paar Hintergrundinformationen.

Im Bild sehen Sie links oben ein Range-Pair-Diagramm einer Ladezeitreihe in einer kumulativen Schadensansicht. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass alle Belastungszyklen unter 4000 N lediglich weniger als 0,5 % des Gesamtschadens verursachen. Das Entfernen dieser Zyklen aus meinem Signal würde also nur einen Schadensverlust von 0,5 % im Vergleich zum ursprünglichen Signal verursachen. 0,5 % ist zu vernachlässigen!
Drücken wir dasselbe Bereichspaardiagramm in kumulativer Zykluszählung aus, zeigt sich, dass – wenn wir sämtliche Zyklen mit einer Amplitude unter 4000 N eliminieren und ausschließlich die hochamplitudigen Zyklen beibehalten – sich die Gesamtzyklenanzahl von 1000 auf 70 reduziert. So lässt sich die Gesamtdauer der Belastung um mehr als den Faktor 14 reduzieren, während die Schadenswirkung nahezu identisch bleibt!
Mit der Simcenter Testlab Neo Software lassen sich diese nicht schädlichen Zyklen automatisch entfernen!

Demonstrieren Sie das mit einem praktischen Beispiel!
Da wir, wie in meinen vorherigen Blogbeiträgen beschrieben, nach dem Ende der Schlechtwegstrecke nicht wenden durften und nur in eine Richtung fahren konnten, mussten wir jeweils über die Ovalbahn zurück zum Anfang der Teststrecke fahren. Nach meinen vorherigen Blogbeiträgen wissen Sie bereits: Da Wendemanöver am Ende der Teststrecke nicht erlaubt waren, mussten wir die Ovalbahn komplett durchfahren, um wieder zum Startpunkt der Schlechtwegstrecke zu gelangen.

Der Name dieser Messung lautet „Miscellaneous 02". Bei der Messung fuhr ich 3 Mal über die Ovalbahn und die Schlechtwegstrecke, sodass die Messung sowohl nicht schädigende Abschnitte (Fahrt auf der Ovalbahn) als auch schädigende Abschnitte (Fahrt auf der Schlechtwegstrecke) umfasst.
Bei dieser Fahrt möchte ich nur die Schaden verursachenden Bereiche behalten und die unbedenklichen Abschnitte entfernen.
Der in Simcenter Testlab Neo von mir erstellte Prozess zur Signalkürzung sieht folgendermaßen aus. Es sieht komplex aus, ist es aber nicht. Die eigentliche Signalverkürzung ist nur ein sehr kleiner Teil des Prozesses, der Rest ist die Berechnung der Analyseergebnisse, um den Vergleich von Ergebnis und Eingabe zu erleichtern.

Das Herzstück meines Prozesses ist der hellblau markierte Bereich „Signale komprimieren“.
- In diesem Prozessschritt wähle ich zunächst einige Steuerkanäle aus. Das sind in diesem Fall alle von mir gemessenen Dehnungsmessstreifen.
- Anhand dieser Steuerkanäle werde ich mithilfe der zweiten Methode einen Indexkanal generieren. In diesem Kanal wird für alle Teile mit geringeren Amplituden der Wert 1 gesetzt, bis zu einem Gesamtanteil von 20 % der Schadenssumme. Die übrigen Teile haben somit einen Wert von 0, was zusammengerechnet 80 % des Schadens entspricht.
- Auf Basis des Indexkanals führt die nächste Methode den tatsächlichen Schnitt durch, wodurch jene Signalanteile entfernt werden, die nicht zu den 80 % des Gesamtschadens beitragen. Mit dieser Methode wurde auch der Fading-Modus festgelegt, um abrupte Übergänge zwischen den beibehaltenen Abschnitten zu vermeiden.
Für einen besseren Vergleich zwischen komprimierten und ursprünglichen Signalen habe ich den Prozess um einige zusätzliche Datenanalysen erweitert (z. B. Berechnung von Statistiken, Schadens- und Zeitdauerverhältnis und PSD).
Mit nur einem Klick verschaffen mir die „Pivot-Tabelle“ und „Vorschau“-Ansicht nach Prozessablauf einen klaren und kompakten Überblick über die Ergebnisse.

- Im oberen Teil des Displays sehen Sie die Zeitreihe. Die rote Kurve zeigt das Originalsignal, die grüne das komprimierte Signal. Wie Sie sehen können, haben wir es erheblich komprimiert. Wir haben die Zeit von etwa 400 Sekunden auf knapp 21 Sekunden reduziert (eine Zeitersparnis von 90 %!)
- Betrachtet man jedoch die verbleibenden Schadensverhältnisse in der mittleren Tabelle, zeigt sich, dass der Schaden des Eingangssignals und des komprimierten Signals nahezu identisch ist (97 %).
- In der unteren Grafik „Bereichspaar in Zyklen“ ist erkennbar, dass das komprimierte Signal etwa zehnmal weniger Zyklen aufweist als das ursprüngliche Signal.
- Aus der Grafik „Bereichspaare in Schadenswerten“ geht deutlich hervor, dass das komprimierte Signal weiterhin über 95 % des ursprünglichen Gesamtschadens entspricht.
Unten rechts verdeutlicht das PSD-Diagramm, dass die Methode trotz erheblicher Signalreduzierung kaum zusätzliche Energie in das komprimierte Signal eingebracht hat. Es entstanden keine zusätzlichen Frequenzspitzen (die typischerweise beim Verbinden von Segmenten nach dem Schneiden auftreten können), und die Gesamtform von PSD blieb weitgehend unverändert.
Erstellung von „Block-Zyklus-Tests“ für Prüfstände
Das Signal, das wir nach Eliminierung der unbedenklichen Bereiche erzeugt haben, ist immer noch ein ziemlich komplexes Signal. Er beinhaltet Lasten verschiedener Amplituden und Frequenzen … Bedauerlicherweise können viele Prüfstände ein solches Signal nicht verarbeiten. Wir müssen es also in ein Signal mit einer begrenzten Anzahl konstanter Amplituden und festen Frequenz umwandeln. Dies nennen wir einen „Block-Zyklus-Test“.
Diese Technik eignet sich für starre Bauteile, die keine Gummi- oder Elastomerelemente enthalten. Zudem werden bessere Ergebnisse bei einachsiger Belastung erzielt.
Ich zeige Ihnen, wie Simcenter Testlab dabei vorgeht.

- Ausgangspunkt ist die ursprüngliche Zeitreihe (oben links im Diagramm)
- Für dieses Zeitsignal wird eine Rainflow-Matrix erstellt.
- Die Rainflow-Matrix wird daraufhin in 3 Bereiche gegliedert, die den 3 Anwendungsfällen Ihrer Komponente/Ihres Fahrzeugs entsprechen.
Theoretisch lässt sich die Anzahl der Amplituden im Block-Zyklus-Test frei wählen, jedoch entscheiden sich die meisten unserer Kunden für 3 Amplituden, da dies zu aussagekräftigeren Ergebnissen führt.- Ein „normaler“ Bereich: Dieser Bereich beinhaltet beispielsweise 90 % der ursprünglichen Zyklen und bildet die normalen Straßen (und entsprechenden Belastungen) ab. Dieser Bereich ist mit Nr. 3 gekennzeichnet.
- Ein „Incident“-Bereich: Dieser Bereich beinhaltet beispielsweise 9 % der ursprünglichen Zyklen und bildet beispielsweise Schlaglöcher in der Fahrbahn ab Diese Löcher können zwar auftreten, sollten aber möglichst selten vorkommen. Dies ist Bereich-Nr. 2.
- Ein „zufälliger“ Bereich: Dieser Bereich beinhaltet beispielsweise 1 % der ursprünglichen Zyklen und stellt beispielsweise Belastungen dar, die beim Aufprall auf den Bordstein neben der Fahrbahn entstehen. Dies passiert vielleicht ein- oder zweimal während der Lebensdauer des Fahrzeugs und verursacht sehr hohe Auswirkungen (und Schäden) auf Ihr Fahrzeug. Dies ist Bereich-Nr. 1.
- Für jeden der 3 Bereiche werden die maximale Amplitude sowie der Mittelwert eines Abtastzyklus ermittelt. Für jede dieser Amplituden werden eine Schadensberechnung durchgeführt und die erforderlichen Zyklen bzw. Wiederholungsfaktoren ermittelt, um denselben Schaden für die Gesamtfläche zu erreichen.
- Mit diesen 3 Amplituden erfolgt der Aufbau eines Zeitsignals, in dem sich die Amplituden wiederholen, um dieselbe Schädigung wie das Ausgangssignal zu bewirken.
Das neue Zeitsignal bezeichnen wir aufgrund der Diagrammform als „Block-Zyklus-Test“
Setzen wir das Ganze gleich in die Praxis um!
Als Eingabedaten nehme ich eine der Messungen, die im Kopfsteinpflaster-Abschnitt durchgeführt wurden.
Für die Erstellung eines Prüfplans oder Prüfsignals für einen Prüfstand werden üblicherweise die Signale der an der Fahrzeugaufhängung montierten Wegsensoren verwendet. In unserem Fall habe ich das gemessene Signal des am linken Vorderrad montierten Wegsensors sowie das Signal des rechten Vorderrads verwendet.
Nachfolgend sind die zwei Signale dargestellt, die ich für meinen Prüfstand in einen vereinfachten Block-Zyklus-Test umwandeln werde.

Sobald ich den Prozess in Simcenter Testlab Neo starte, kann ich die Parameter weiter anpassen. Falls erforderlich, lassen sich beispielsweise die Abmessungen der verschiedenen Bereiche oder die Frequenz des generierten Sinussignals anpassen. Bei mir liegt die Frequenz bei 1 Hertz, sie lässt sich aber beispielsweise auch auf 4 Hz einstellen, um die Beschleunigung weiter zu erhöhen:

Als ersten Schritt ermittelt Simcenter Testlab verschiedene Ergebnisse:

In unserem Beispiel weist das Originalsignal etwa 200 Zyklen auf, während das vereinfachte Signal – das Block-Zyklus-Signal – lediglich 19 Zyklen enthält. Das Schadensverhältnis zwischen Original- und komprimiertem Signal liegt nur geringfügig über eins, weshalb der Schaden nahezu identisch ist.
Nach Abschluss des Prozesses und Auswahl meines ersten Signals zeigt das Vorschaubild sowohl das Originalsignal (grün, als Eingang ausgewählt) als auch das tatsächliche Signal für Ihren Prüfstand (rot).

In diesem Blockzyklus-Testsignal sind auch die 3 Amplituden erkennbar.
Die Signale lassen sich nun für die Prüfstandsplanung verwenden.
Wie Sie erkennen können, bietet Simcenter Testlab Neo weit mehr als reine Datenerfassung oder -analyse! Mit Simcenter Testlab Neo wandeln Sie Ihre Messdaten mit wenigen Klicks in beschleunigte, schadensäquivalente Prüfprogramme um, die sich direkt auf Ihrem Prüfstand ausführen lassen.
Im nächsten Blogbeitrag werde ich ein wenig näher auf ein Thema eingehen, das ich bereits in einem meiner vorherigen Blogbeiträge angesprochen habe: die Datenanalyse für die Haltbarkeit. In diesem neuen Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie mit der Software Simcenter Testlab Neo die tatsächliche Ermüdungslebensdauer Ihrer Fahrzeugkomponenten berechnen können!
Bleiben Sie dran!
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