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Marktvolatilität meistern: Die Bedeutung flexibler Fertigungssysteme für Schwermaschinenhersteller

von Hendrik Lange

2024 war für viele Hersteller von Schwermaschinen ein besonders herausforderndes Jahr – und der Druck hält weiterhin an. Wichtige Marktsegmente sehen sich mit schwierigen Rahmenbedingungen konfrontiert, die zu überschüssigen Beständen führen. Auch wenn dieser plötzliche Nachfragerückgang wahrscheinlich nur vorübergehend sein wird, ist er symptomatisch für die Zeit, in der wir leben. Mehr denn je müssen Erstausrüster mit Lösungen für die intelligente Fertigung von Schwermaschinen in einem zunehmend turbulenten globalen Geschäftsumfeld widerstandsfähig werden. Zudem vollzieht sich der Übergang zu einer neuen Maschinengeneration weiterhin in großem Umfang, was flexible Fertigungssysteme erfordert, die mit der stetig wachsenden Vielfalt an Aufträgen zurechtkommen können.

Viele Hersteller stehen kurz davor, ihre Abläufe zu diesem Zweck neu zu gestalten und dabei komplexe, strategische Entscheidungen zu treffen, die enorme Auswirkungen auf ihr gesamtes Unternehmen haben können. Mit fortschrittlicher Software können sie dieses Risiko verringern, da sie sofort die richtigen Entscheidungen treffen – auf Faktenbasis und mit der Unterstützung virtueller Validierungen.

Planung der Schwermaschinenfertigung in disruptiven Zeiten

Wenn Angebot und Nachfrage nicht übereinstimmen, kann dies nicht nur für Erstausrüster, sondern auch für deren Händler, Partner und Zulieferer schwerwiegende Auswirkungen haben. Leider werden solche Umstände immer häufiger eintreten. In unserer zunehmend vernetzten Welt sind wir anfälliger für globale Störungen aller Art geworden. Tatsächlich erholte sich die Schwermaschinenindustrie noch von allen geschäftlichen Schwankungen infolge der Pandemie, während sich der aktuelle Nachfragerückgang abzeichnete. Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung werden die sich ständig ändernden geopolitischen und globalen Marktbedingungen weiterhin volatil sein.

Hersteller brauchen immer eine solide, langfristige Perspektive für ihre Zielmärkte, um die Bedürfnisse ihrer Kunden vorherzusagen und zu planen, welche Produkte sie auf den Markt bringen werden. Dies erfordert jedoch auch die Flexibilität, um auf Volatilität reagieren zu können.

Auch wenn Prognosen besagen, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt, da sich die Nachfrage im Laufe des Jahres 2026 normalisieren könnte, haben einige große Schwermaschinenhersteller das Vertrauen verloren, dass sich das Blatt in absehbarer Zeit wenden wird. Die Realität ist, dass sowohl Landwirte als auch Lohnunternehmer ihre Investitionen in neue Maschinen aufgrund zahlreicher Faktoren, die größtenteils außerhalb ihres Einflussbereichs liegen, nach wie vor aufschieben.

Sichern Sie die Zukunft mit einem flexiblen Fertigungssystem

Für Schwermaschinenhersteller ist es am besten, zur Bewältigung kurz- und langfristiger Marktherausforderungen Möglichkeiten zu identifizieren, wie sie ihre Fertigung flexibler gestalten können, um Produktionsmengen an Nachfrageschwankungen anzupassen. Bei der Entwicklung eines solchen Ansatzes sollten sie die gesamte bestehende Infrastruktur und alle Prozesse in ihrem Fertigungsökosystem berücksichtigen, einschließlich jener bei Partnern und Zulieferern. Die Berücksichtigung all dieser Faktoren kann Herstellern dabei helfen, ihre Risiken zu streuen und letztendlich eine resilientere Strategie zu entwickeln, die allen Stakeholdern zugutekommt.

Die Notwendigkeit eines flexiblen Fertigungssystems ist für Schwermaschinenhersteller nicht neu. Die Anpassung an Veränderungen ist notwendig, um die große Vielfalt an Produkten, die Kunden typischerweise verlangen, effizient und fehlerfrei bereitzustellen.  Und da der Übergang zu einer neuen Produktgeneration immer weiter voranschreitet, wird diese Anforderung noch stärker. Schwermaschinenhersteller werden sich zwangsläufig in einer Zeit enormer Produktionskomplexität wiederfinden, in der nahezu jeder Auftrag einzigartig sein wird und das Angebot genau der Nachfrage entsprechen muss.

Traditionelle Montage versus flexible Fertigungssysteme

Im Gegensatz zu einer traditionellen Montagelinie kann ein flexibles Fertigungssystem das herzustellende Produkt auf der Basis von Ressourcenverfügbarkeit, Terminplanung und Kundennachfrage zu verschiedenen Maschinen oder Arbeitszellen leiten. Jede Maschine und jede Arbeitszelle kann viele verschiedene Fertigungsvorgänge durchführen. Um dies zu erreichen, wird in der Regel ein automatisiertes Materialflusssystem eingesetzt. Dieses Materialrouting, kombiniert mit dem hohen Automatisierungsgrad der Fertigung, ermöglicht es, die hohe Flexibilität zu erreichen, die zur Steigerung der Anlagenproduktivität bei gleichzeitiger Senkung der Gesamtherstellungskosten erforderlich ist.

Um die Herausforderung der Entwicklung, des Aufbaus und des Hochfahrens eines hochkomplexen, flexiblen Fertigungssystems zu bewältigen, kann digitale Fertigungssoftware entlang des gesamten Systemlebenszyklus eingesetzt werden. Es ist wichtig, das Layout zu optimieren, um ein Höchstmaß an Flexibilität zu erreichen. Die Simulation ist äußerst wichtig, um sicherzustellen, dass das Steuerungssystem wie vorgesehen funktioniert und nur einen möglichst geringen physischen Aufwand erfordert. Roboter- und CNC-Programme sollten ebenfalls offline entwickelt und anschließend in die Fertigung hochgeladen werden, um die Systemanlaufzeit zu verkürzen. Es gibt viele verschiedene digitale Fertigungswerkzeuge, die zur Minimierung von Risiken und Steigerung der Qualität flexibler Fertigungssysteme eingesetzt werden können.

Die Zukunft der Fertigung gestalten

Für die (Neu-)Gestaltung ihrer bestehenden Abläufe hinsichtlich dieser Fähigkeit werden Schwermaschinenhersteller bald mit vielen strategischen Entscheidungen konfrontiert, die jeweils ein hohes Risiko mit sich bringen. Wann sind Investitionen auf der grünen Wiese (Bau neuer Anlagen) erforderlich und gerechtfertigt? Oder sind Brownfield-Investitionen (Modernisierung bestehender Anlagen) die bessere Alternative? Zusätzlich zur Frage, was, wo und in welcher Menge produziert werden soll, stellt sich auch die Frage „mit wem?“.  Welche Zulieferer und Partner bieten die besten Erfolgschancen? Diese müssen nicht nur finanziell attraktiv sein, sondern auch zuverlässig, innovativ und ein Garant für Nachhaltigkeit.

Jede dieser Entscheidungen kann enorme Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben und bringt aufgrund der Vielseitigkeit der Faktoren, die eine Rolle spielen, eine enorme Komplexität mit sich. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass Hersteller ihre bekannten KPI nicht kompromittieren, während sie nach mehr Flexibilität in ihren Betriebsabläufen streben. Im Gegenteil, diese müssen sich gleichzeitig verbessern. Dies kann nur durch eine gründliche Analyse mit einer großen Menge an Fakten und Daten in Analyse- und Simulationsszenarien erreicht werden.

Mit den modernen fortgeschrittenen Funktionen heutiger Softwaresysteme können Hersteller ihr gesamtes Fertigungsnetzwerk modellieren und in Simulationen verschiedene Szenarien testen, was zu verbesserter Flexibilität bei gleichzeitiger Optimierung zahlreicher Leistungskennzahlen führt. Mit neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI) sind Schwermaschinenhersteller nicht mehr nur auf die Betrachtung quantifizierbarer Aspekte wie Zeit und Kosten beschränkt, sondern können auch weniger direkt messbare Anforderungen wie Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit und Innovation einbeziehen.

Virtuell jede Investition validieren

Wenn es darum geht, über Investitionen in grundlegende Änderungen an der Infrastruktur oder an Prozessen zu entscheiden, ist es offensichtlich, dass Softwarefunktionen mehr leisten müssen als nur die Abbildung und Optimierung bestehender Betriebsabläufe. Stattdessen benötigen Entscheidungsträger genaue Vorhersagen für die intelligente Fertigung von Schwermaschinen. In diesem Zusammenhang spielt die Simulation eine Schlüsselrolle. Mit den heutigen spezialisierten Tools können Erstausrüster neue Prozesse, Produktionslinien und Anlagen akribisch modellieren und diese für zahlreiche Szenarien evaluieren, lange bevor die eigentlichen Investitionen getätigt werden, um sicherzustellen, dass Entscheidungen faktenbasiert und gleich beim ersten Mal richtig sind.

Solche Simulationen ermöglichen es den Herstellern auch, die Produktion sicher, schnell und fehlerfrei hochzufahren, sei es bei der CNC-programmierten Teilefertigung, bei der Bereitstellung eines neuen Arbeitsablaufs, bei der (Neu-)Organisation von Montagelinien oder bei der Planung von Schweißprozessen. Dies ist nur eine Auswahl von Fachgebieten, die im Detail modelliert, virtuell vorab getestet und hinsichtlich verschiedener Aspekte optimiert werden können, einschließlich Effizienz, Durchsatz, Kosten und Ergonomie, aber auch Produktqualität und -zuverlässigkeit, was Nacharbeiten und Verzögerungen vermeidet.

Software ist der Schlüssel zu effizienten, flexiblen und nachhaltigen Fertigungsabläufen

Der Erfolg von Schwermaschinen-Erstausrüstern wird von ihrer Fähigkeit abhängen, solche Softwarefunktionen zu übernehmen und in ihre Standardprozesse für Fertigungsentscheidungen zu integrieren. Es wird ein entscheidender Schritt auf ihrem Weg zur Digitalisierung sein. Wer dies erfolgreich umsetzt, wird mit effizienteren, flexibleren und nachhaltigeren Fertigungsprozessen belohnt, erweist sich in einem hochvolatilen Geschäftsklima als widerstandsfähiger als die Konkurrenz und ist besser gerüstet, um Angebot und Nachfrage anzupassen, wenn der Übergang zu Geräten der neuen Generation im großen Maßstab erfolgt.

Siemens bietet eine Vielzahl von Softwarelösungen an, um Schwermaschinenhersteller bei der Einführung eines flexiblen Fertigungssystems zu unterstützen, einschließlich Fertigungsprozessplanung, Teilefertigung und Ausführungssysteme. Sehen Sie sich im Folgenden die zahlreichen Ressourcen an, die Siemens für intelligente Fertigung von Schwermaschinen bereitgestellt hat:

Intelligente Fertigungslösungen von Siemens für den Schwermaschinenbau

Im April 2025 findet erneut die Bauma in Deutschland statt, eine ausgezeichnete Gelegenheit für Schwermaschinen-Enthusiasten wie mich, zu sehen, wohin uns der Innovationszug trotz des aktuell schwierigen Geschäftsklimas als Nächstes führt. Ich freue mich darauf, die Neuerungen in den Bereichen Elektrifizierung und Automatisierung zu entdecken und werde meine Beobachtungen in diesem Frühjahr in einem neuen Blogbeitrag mit Ihnen teilen.

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